Matthias: Im vergangenen Jahr war Cathrin Moeller mit dem Auftakt “Todesglut“ für mich im Genre Thriller, die Überraschung des Jahres. Zum einen mit der Idee der „Akademie des Verbrechens“ das Studenten gemeinsam mit Ihrem Lehrer einem ehemaligen Polizisten ermitteln und zum anderen, wie Frau Moeller das Spektrum unserer Sprache ausschöpft und die Handlung zu einem spannenden Leseerlebnis formt, dass seinesgleichen sucht. Damit hat sie die Messlatte ganz schön hoch gelegt und ich war sehr gespannt, ob „Die Todesklinge“ das halten oder sogar überspringen kann. Hier meine Rezension.
Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:
Eine Mädchenleiche auf Rügen, eine alte Serie von Morden und eine Schuld, die beglichen werden muss: Band 2 der spannenden Serie um die «Akademie des Verbrechens».
In einer Kinderheimruine auf Rügen wird eine grausam zugerichtete Leiche mit einer schwarzen Rose gefunden. Es ist die sechzehnjährige Isa. Ex-Kommissar Henry Zornik ist alarmiert. Vor fünf Jahren versetzte eine Serie von Morden an jungen Touristinnen die Insel in Angst. Die Tat heute trägt dieselbe blutige Handschrift des «Rosenmörders» von damals. Zornik selbst hat ihn überführt. Ist der Mörder von Isa ein Nachahmer? Oder tötet der wahre Rosenmörder erneut? Es beginnt ein verzweifeltes Wettrennen gegen die Zeit, denn der Täter hat sein nächstes Opfer schon gewählt.
Meine Meinung:
Umrahmt von der Beschreibung der schroffen und zugleich wunderschönen malerischen Insel Rügen wird der Titel “Todesklinge” sofort zum Programm und erfasst mich mit all seiner Wucht. Noch ganz benommen, aber voller Vorfreude treffe ich Henry im Hörsaal in der Akademie des Verbrechens wieder. Auch die Studenten Charlotte, Sophie, Neda, Aron und Markus, die beim letzten Mal im Rahmen ihres praktischen Unterrichts gemeinsam einen Fall gelöst haben, sind wieder am Start und mir noch gut im Gedächtnis. Für das neue Thema “Serientäter” möchte die Gruppe den praktischen Fall des “Rosenmörder” als Fallbeispiel nehmen, aber Henry ist dagegen, denn es war sein letzter Fall, der Täter hinter Gitter bzw. hat sich selbst umgebracht und er hat ihn damals gezwungen seinen Job an den Nagel zu hängen und auszuwandern. Der Fall ist sehr persönlich, denn dahinter verbirgt sich auch das Schicksal seiner getöteten Partnerin. Doch das Leben hat andere Pläne, denn plötzlich taucht eine Leiche auf, die nach dem gleichen Modus Operandi getötet wurde, wie die des verhafteten “Rosenmörder”. Hat Henry den falschen Mörder gefasst – ist es ein Nachahmungstäter oder ein Trittbrettfahrer – und falls ja, woher hat er das Täterwissen? Das ist wirklich nur die oberste Spitze der Handlung, die mich mit ihrer Spannung, Atmosphäre und Dynamik völlig aus dem Sattel hebt und sich im Trab und Galopp durch die Seiten zieht. So mitreißend wie der Fall ist auch die wortgewaltige und ausdrucksstarke Sprache, die mich mit all ihren Facetten zu jeder Zeit im Zentrum des Geschehens hält und die Handlung wie die Abfolge eines Filmes erscheinen lässt. Die Ereignisse überschlagen sich und selbstverständlich ermitteln die fünf Studenten und Henry auch dieses Mal wieder unter dem Radar der Polizei. Da der Fall für Henry sehr persönlich ist, entwickelt er eine fast schon krankhaften Zwang, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, ermahnt aber gleichzeitig seine Studenten immer wieder zur Vorsicht – die sich meist auch daran halten, bis auf Sophie, denn auch für Sie steckt hinter den Recherchen ein persönliches Motiv, dass langsam unter der Oberfläche mitschwelt. Irgendwie erinnert mich die Truppe der jungen Studenten an die Hörspiele der Fünf Freunde. Diese hier sind jedoch längst junge Erwachsene und jeder mit perfekt ausgewählten Eigenschaften und Besonderheiten ausgestattet, die mich einfach begeistern. Obwohl zwischen dem ersten Band und dieser Fortsetzung nur wenige Wochen dazwischen liegen, wirken alle etwas reifer und nicht mehr ganz so naiv. Schon im frühen Verlauf der Handlung zeigt sich, dass sich hinter der Leiche der jungen Frau ein Netz verzweigt, dass in nahezu jedem Kapitel neue Verknüpfungen bekommt und dessen tatsächliches Ausmaß nicht im geringsten zu erahnen ist. In geschicktem Timing lenkte die Autorin mit den Begegnungen von Henry und dem kleinen Matti – der an dem Asperger-Syndrom leidet und den Henry gerne adoptieren möchte – die Story kurzzeitig in ruhigere Gewässer, aber dafür mitten ins Herz und eine Welle aus tiefen Emotionen erfasst mich und geht mir ungefiltert unter die Haut. Doch die Augenblicke der Ruhe sind immer nur von kurzer Dauer und ich hatte das Gefühl, dass die eigentliche Handlung sich nur einen Schritt zurückgezogen hat, um Anlauf zu nehmen, um frisch erholt die nächste Stufe des Wahnsinns zu erreichen. So ziemlich ab Mitte, hat der Täter nicht nur in kurzen Kapitel eine Stimme bekommen, sondern auch langsam ein Gesicht, dass jedoch in der Vielzahl der Möglichkeiten auf den Täter immer wieder verschwamm und sich zu etwas neuem formte. In eigentlich klar vorhersehbarer Handlung zeigte die Autorin klar und deutlich, dass sie keine Angst vor Wendungen hat und dass sie durchaus weiß, wie Psychothriller – und zwar vom Feinsten. Im Zieleinlauf gab es dann in jeder Hinsicht kein Halten mehr und ich war gefangen in einer Mischung aus rasanter Schnitzeljagd und einem irren Katz – und Mausspiel, in dem im Wechsel mal der Täter und mal Henry und auch seinem Team die Nase vorne hatten.Mit immer kürzer werdenden Kapitel war die Spannung nur noch im Grenzbereich und ich in einem Zustand zwischen Schnappatmung, schweißnassen Händen und einer Pulsuhr, die ständig Alarm gab. Die Auflösung war wie der Rest einfach nur Extraklasse und wow, wow, wow! Danke, liebe Frau Moeller für diese grandiose Fortsetzung und ein Hochleistungs-Spektakel der Extraklasse.
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