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Schweig I Judith Merchant

Matthias: Nachdem „Atme“ von Judith Merchant im vergangenen Jahr monatelang nicht mehr aus den Regalen und von den Büchertischen der Buchhandlungen wegzudenken war, hat nun das neue Buch „Schweig“ der Autorin auch mein Interesse geweckt. Obwohl es keine Reihe ist, gefällt mir sehr gut, dass auch im zweiten Buch der Autorin der einfach aber sehr schöne Cover-Style geblieben ist. Die folgende Rückseite des Buches klingt für mich schon einmal nach Thriller wie ich ihn mag.

Der Klappentext:

Am Tag vor Heiligabend fährt Esther in den Wald zum Haus ihrer Schwester, um ihr ein Geschenk und eine Flasche Wein zu bringen. Ein Schneesturm setzt ein. Das Geschenk wird nicht geöffnet. Der Wein schon. Dinge werden gesagt, die besser ungesagt blieben. Und Taten werden begangen, die nie mehr rückgängig gemacht werden können.

Meine Meinung:

Der detailreiche und packende Schreibstil hat mich gleich zu Beginn an die Hand genommen und führt mich in das traue vorweihnachtliche Familienidyll von Esther, Martin und die Kinder Ella und Jonas. Alle sind rege mit den Vorbereitungen auf den Heiligen Abend beschäftigt und in großer Vorfreude. Esther möchte an diesem Tag jedoch noch Ihre Schwester besuchen, die nach der Trennung von ihrem Mann in einem viel zu großen Haus im Wald lebt. Schon auf der Fahrt zu ihrer Schwester hat sich langsam eine sanfte, aber denn dennoch spürbare Grundspannung aufgebaut, die mit jedem Kilometer der Fahrt sich durch die Gedankengänge an ihre Schwester verstärkt hat. Schnell wird klar, dass das Verhältnis zu Sue ein ganz besonders ist. Dort angekommen empfängt Esther nicht nur die Kälte des immer zunehmenden Schnees, sondern auch die Kälte der Beziehung zwischen den beiden Schwestern. Immer wieder versucht Esther trotz aller Gegenwehr ihre Schwester „Schnecke“ zu überreden, mit ihr zu kommen, da an Weihnachten keiner alleine sein sollte. Doch Sue möchte nicht mit ihrer Schwester Weihnachten verbringen und hat nur ein Ziel – sie auf dem schnellsten Wege loszuwerden. In kurzen, aber auf den Punkt geschriebenen Kapiteln wird die Geschichte im Wechsel von Esther und Sue geschrieben, so dass ich zunehmend besser in das jeweilige Gefühl – und Gedankenwelten der Frauen eintauchen konnten. Die enthaltenen Rückblicke in die Kindheit der beiden Schwestern geben nach und nach auch immer bessere Einblicke in die Entwicklung der Charaktere. Mit jedem Wechsel der Kapitel war ich in meinen Sympathien und Emotionen gegenüber den beiden Frauen ständig hin und her gerissen. Unter der Oberfläche von Sue und Esther brodelt es gewaltig, und je weiter die Geschichte voranschreitet, offenbart sich dann das ganz Ausmaß der toxischen Beziehung aus Missgunst, Hass und schlummernder verletzter Gefühle. Meisterhaft abgestimmt tröpfelt die Autorin immer neue Details aus der Thriller-Pipette, die zu unglaublichen Wendungen und Irrungen geführt haben. Völlig gebannt, gefesselt und fasziniert bin ich der immer steigernden und atmosphärisch sich immer mehr aufladenden Stimmung wie paralysiert gefolgt und war perplex, welch komplexes Geflecht die Autorin erschaffen hat. Das Ende war wow und ich hatte außer einen offenstehenden Mund auch mehrere Wellen Gänsehaut. „Schweig“ war für mich auf jeden Fall mehr Psychothriller wie Thriller, der mit sanft angeschlagenem Triangel begonnen hat und sich dann nach und nach zum großen Konzert mit Pauken und Trompeten aufgebaut hat. Eine ganz klare Leseempfehlung für alle, die es unvorhersehbar mögen und keine Angst haben, einen tiefen Blick in die gestörte menschliche Seele zu werfen. 5 von 5 Sterne

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Schweig

Autor*in: Judith Merchant
Seiten: 346
Veröffentlicht: September 2021
ISBN: 3462001337
Verlag: Kiepenheuer & Witsch GmbH
Copyright: Kiepenheuer & Witsch GmbH