Tadaaaaa, es war wieder soweit. Der Großmeister des deutschen Thrillers hat sein neuestes Werk veröffentlicht und die deutsche Bücherwelt hielt den Atem an. Schon Wochen nach der Ankündigung wartet die Lesegemeinde gespannt, welchen raffinierten Titel das Buch in diesem Jahr haben wird und vor allem, welches Gewand die neue Bibel tragen wird? Wurden meine Wünsche erhört und es gibt dieses Jahr zum ersten Mal eine Cover-Edition mit Geschmackserlebnis und heißt das Buch am Ende vielleicht “Leck”? Nein, die Wahl ist auf ein verspiegeltes Cover und “Minik” gefallen. Seit einigen Jahren folgen die Massen dem Meister jetzt auch noch in die großen und kleinen Mehrzweckhallen der Republik und wohnen dort dem noch nie dagewesenen Spektakel einer “Lesung” bei mit allem was das der Zauberkasten einer großen Las Vegas Show hergibt. Ein Wahnsinn, den ich leider nur bedingt verstehen kann und mich jedes Jahr in gleichem Maße fasziniert wie erschreckt. Wieso lese ich diese Bücher überhaupt? Ganz einfach, weil es dennoch einfach meist immer wieder gute Thriller sind. Hält das Buch auch dieses Jahr, was das Tamtam verspricht? 

Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:

Ein winziges Zucken im Mundwinkel, die kleinste Veränderung in der Pupille reichen ihr, um das wahre Ich eines Menschen zu „lesen“: Hannah Herbst ist Deutschlands erfahrenste Mimikresonanz-Expertin, spezialisiert auf die geheimen Signale des menschlichen Körpers. Als Beraterin der Polizei hat sie schon etliche Gewaltverbrecher überführt. Doch ausgerechnet als sie nach einer Operation mit den Folgen eines Gedächtnisverlustes zu kämpfen hat, wird sie mit dem schrecklichsten Fall ihrer Karriere konfrontiert: Eine bislang völlig unbescholtene Frau hat gestanden, ihre Familie bestialisch ermordet zu haben. Nur ihr kleiner Sohn Paul hat überlebt. Nach ihrem Geständnis gelingt der Mutter die Flucht aus dem Gefängnis. Ist sie auf der Suche nach ihrem Sohn, um ihre „Todesmission“ zu vollenden? Hannah Herbst hat nur das kurze Geständnis-Video, um die Mutter zu überführen und Paul zu retten. Das Problem: Die Mörderin auf dem Video ist Hannah selbst!

Meine Meinung:

Der Prolog ist schon nach wenigen Sätzen die erste Zerreißprobe für meine Nerven und nach dem ersten Schock lerne ich  27 Jahre später Hannah kennen, die ihren Sohn von der Kita abholen möchte. Doch an diesem Tag ist alles anders als sonst. Das Tor der Kita ist nicht verriegelt und auch sonst gespenstische Ruhe auf den Fluren und in den Räumen. Da sieht sie wie ein junger Mann die Pistole an den Kopf ihres Sohnes hält. Sie nimmt Blickkontakt mit ihrem Sohn auf. Hannah ist Mikroresonaz-Expertin und kann mit ihrem Sohn nonverbal Kontakt aufnehmen und zeigen, was er tun soll. Wird sich am Ende alles zum Guten wenden? Wäre das noch nicht genug, so lande ich fünf Jahre später wieder im Leben von Hannah an einem Tag, an dem sie von einem verurteilten Serienkiller nach einer Operation im Gefängnis verschleppt und entführt wird. Wie kommt sie in ein Gefängnis? Nach immer mehr Fragen zeigt ihr Entführer ein Video, in dem sie gesteht, dass sie ihre Familie getötet hat. Hannah kann sich an nichts erinnern, aber das ist nach einer Narkose eigentlich nichts Neues, das Erlebnis einer Amnesie hatte sie auch schon nach dem Kaiserschnitt mit ihrem Sohn.Gemeinsam mit dem Serienkiller begibt sie sich auf Spurensuche und analysiert mit ihrem Können sich selbst. Eine irre Jagd durch die dicke Wand ihres eigenen Nebels beginnt und zeigt ihr immer grausamere Details der vergangenen 24 Stunden. Meine Meinung: Wieder einmal hat es Herr Fitzek geschafft, mich mit seinen klaren, einfachen und dennoch sehr wirkungsvollen Worten zu fesseln und an die Orte der Handlung und in das Leben der Protagonisten zu saugen. Von Beginn an hatte ich klare Bilder zu den Protagonisten und vor allem auch zu der erschütternden und faszinierenden Handlung. Die Zutaten dieses Fitzeks on the Rocks  waren wieder einmal eine stark ausgearbeitet Hauptprotagonistin mit einem äußert seltenen Beruf, verfeinert mit ein paar seltenen Phobien und als Schirmchen und Sahnehäubchen die Urängste einer Mutter, dass sie ihrer Familie etwas grausames angetan hat. Wenn Autoren die “Kinderkarte” ausspielen, bin ich immer hin und hergerissen und sehe es zum einen als die leichteste Art Emotionen zu erzeugen, aber auch gleichzeitig als Aufruf das wertvollste zu schützen, was wir haben. Ich konnte mich in diesem Fall nur schwer von der ersten Varianten lösen. Mit den kurzen und am Ende sich immer auftürmenden Kapitel bin ich durch die verschiedenen Sichtweisen gesprungen und konnte, wie vom Autor sicher geplant, das Buch nicht aus den Händen legen. Es war ein irres Katz – und Mausspiel, in dem Hannah in mikroskopisch kleinen Stücke und mit Hilfe ihres Berufes sich selbst analysiert hat und somit auch ihrer Erinnerung immer näher gekommen ist. Gleichzeitig sind immer wieder alternative Möglichkeiten der Geschehnisse aufgetaucht, die meine mühevoll zusammengesetzten Gedankenspiele wieder völlig durcheinander gewürfelt haben. Da das Buch den Titel “Mimik” trägt und Hannah einer der wenigen Experten auf dem Gebiet Mikroresonanz ist, hätte ich mir gewünscht, dass dieses Buch noch etwas mehr von diesem faszinierenden Beruf zeigt. Das Sortiment der Perspektiven wurde im Verlauf immer wieder erweitert. so dass in dem geschickt arrangierten Verwirrspiel immer weitere spannende Möglichkeiten auf die Hergänge geschaffen wurden.  Wenn man zuvor schon einmal ein Buch von Herrn Fitzek gelesen hat weiß man, weiß man ganz genau, dass die Dinge am Ende immer anders kommen als sie sich im Ansatz abgezeichnet haben. So auch in diesem Fall und selbst als ich dachte, dass der Hammer der Story den Nagel nun endlich versenkt hat, dann holt Herr Fitzek immer noch einmal zu einem extra Schlag aus um auf Nummer sicher zu gehen, dass der “Schocknagel” beim Leser auch tatsächlich richtig versenkt ist. Wieder einmal bin ich begeistert, erschüttert und fasziniert vor dem Ende dieses Buches gesessen und es fiel mir wieder ein, wieso ich jedes Jahr aufs neue diesen Fitzek Hype mitmache.