Matthias: Wir gehörten zu den glücklichen Gewinner, die vorab ein Manuskript von „Kaltherz“ erhalten haben. An der Stelle muss ich mal kurz das berühmte Nähkästchen aufmachen. Moment, es klemmt etwas… Als wir das Manuskript erhalten haben, hat sich unser beider Häuschen verdammt nah ans Wasser geschoben und uns war nicht klar, dass man mit so etwas wirklich ganz besonderem 2 Kerlen, die die 40 schon etwas überschritten haben, solche Gefühle entlocken kann. Vielen lieben Dank an Herrn Faber, aber auch an Johanna von dtv. So zunächst genug der Gefühle und zurück zum Wesentlichen … kurzer Augenblick noch ich muss erst das Nähkästen wieder schließen. Aber jetzt…

Der Klappentext:

Acht Minuten. Länger war die fünfjährige Marie nicht alleine. Doch als ihre Mutter zum Auto zurückkommt, ist Marie spurlos verschwunden. Kommissarin Kim Lansky übernimmt den Fall. Es ist ihre letzte Chance, sich als Ermittlerin zu beweisen. Die Suche nach der Wahrheit führt sie in die dunkelsten Kapitel ihrer eigenen Vergangenheit – und zu einer erschreckenden Frage: Warum bleiben gerade in München so viele Kinder verschwunden?

Meine Meinung:

Eigentlich könne das nicht das die kürzeste Rezension werden, die ich je geschrieben habe, aber das wäre weder ich, noch wäre es fair, das Buch mit ein, zwei Worten abzutun. Die handverlesenen Hauptprotagonisten hingegen sind gleich zusammengefasst: Polizistin Modell, Straßenköter mit Durchschlagskraft. Raue Schale – weicher Kern..? Mal abwarten. Jakob, Clara und Marie. Bilderbuchfamilie. Auf den ersten Blick. Jakob ein großkotziger Businessyuppie, Maßanzug, selbstverliebt. Clara lebt den Cinderella Traum von der Kellnerin in die Arme und in das Leben von Jakob. Marie, die 5-jährige Tochter. Die göttliche Schöpfung der beiden ungleichen Charaktere. Marie wird von dem Kindermädchen entführt und im Leben von Jakob und Marie liegt kein Stein mehr auf dem anderen. Suizidversuch, Tablettensucht, Angst, Zweifel, Eifersucht. Kim Lansky entdeckt den Fall zufällig und hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Mädchen zu finden. Schon nach wenigen Sätzen war ich völlig geflasht von der der bildhaften, lebendigen und mitreisenden Beschreibung. Der Autor gab mir das Gefühl, in der ersten Reihe zu sitzen – fußfrei-direkter Blick. Langsam entwickelt sich durch die aus den einzelnen Perspektiven geschilderten Kapitel die Handlung, und mit jeder weiteren Seite bin ich hypnotisch in das Geschehen eingetaucht. In wirklich jedem Kapitel hat der Autor von der ersten Zeile an eine Schlinge um die Handlung gelegt, die sich dann jeweils am Ende zu einem pulsierenden Spannungsknoten zugezogen hat. In verschiedenen Sprachstilen schafft es Herr Faber nicht nur, dass ich mir die Charaktere vorstellen konnte, sondern hat sie mir mit seinen Worten wie ein Hologramm vor meinem geistigen Auge zum Leben erweckt. Die Schreibstile sind mit Meisterhand an die Charaktere angepasst. Besonders hat mich die Perspektive der kleinen Marie sehr bewegt. Ihre reine und rohe Sicht auf die Geschehnisse sind mir ungefiltert durch die Nervenbahnen und ohne Umweg direkt ins Herz gegangen und ein Tränchen im Auge gestanden. Jedes Kapitel ist eine eigene Gefühlswelt und so wandle ich in meiner Stimmung im Wechsel zwischen Wut, Angst, Verzweiflung, Hoffnung und Lachanfällen-, denn bei aller Ernsthaftigkeit hat Herr Faber auch in perfekter Dosierung einen wundervollen Humor mit einfließen lassen. Gerade die eigensinnige Ermittlerin Lansky hat mich mit ihrem beißenden Sarkasmus mehrmals zum Lachen gebracht.Bei den Bildern, die der Autor in diesem Hochleistungs Werk zeichnet schaue ich mehrmals in die Abgründe der menschlichen Seele und meine moralische Kompassnadel gerät immer wieder ins Rotieren. Durch die perfekt getimten Perspektivwechsel entsteht ein nervenzerreisendes Tempo und macht diesen Thriller nicht zuletzt dadurch zu einem Pageturner. In gleicher und unfassbarer Qualität sind die Wendungen und die damit verbundene Wechsel meiner Sympathie. Immer wieder bin ich mit weit aufgerissenen Augen vor diesem Buch gesessen. Das Ende ist eine hemmungslose Entladung eines bis zum Anschlag angespannten Spannungsbogen und trifft nicht nur in Schwarze der Geschichte, sondern erreicht ganz sicher auch jedes “Kaltherz”. Das ist Thriller in Vollendung und aus dem ganz obersten Regal der Schreibkunst-Feinkosthandlung. Ein Thriller für die Vitrine. Für mich hat sich Henri Faber damit auf meine ewigen Bestseller Liste der Lieblingsautoren gesetzt und kommt da auch nie wieder weg. Um auf die eingangs beschriebene Kurzfassung zurückzukommen: Ein FABERHAFTES Meisterwerk .