Matthias: Vor einigen Wochen hat uns ein riesiges Paket mit leckeren schwedischen Köstlichkeiten, einer wunderschönen Kerze und natürlich mit einem Buch erreicht. “Im Herzen so kalt” von Sandra Aslund. Wir wundern uns ehrlich gesagt selbst, wie man zwei gestandene Männer, die die Lebenshälfte sicher erreicht haben, mit so einem Paket noch so eine kindliche Freude bereiten kann – aber für Überraschungen ist man eigentlich nie zu alt. Ich gerate schon wieder ins Plaudern, denn eigentlich geht es ja um das Buch: Ich war gespannt, ob mir “Im Herzen so kalt” vielleicht ganz ordentlich einheizen wird. Hier mein Leseeindruck.
Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:
Die Kriminalinspektorin Maya Topelius wird zusammen mit ihrem Partner Pär Stenqvist in die verschneiten Wälder Nordschwedens gerufen, wo ein bekannter Umweltaktivist erschossen wurde. In Östersund treffen sie auf eine Mauer des Schweigens, die örtlichen Polizisten wollen nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Während Maya mit Pär im Lobby-Dickicht der Forstindustrie ermittelt, wird ihre Freundin Sanna in Stockholm Opfer eines Übergriffs. Bei dem Versuch, der Freundin zu helfen, kommt Maya einem alten Geheimnis auf die Spur. Als Maya die Parallelen zwischen den aktuellen Ermittlungen und ihrer Vergangenheit erkennt, ist es fast zu spät: Ein kleines Mädchen verschwindet im Wald, und ein Schneesturm zieht auf.
Meine Meinung:
Buch auf und ich bin mitten im Geschehen und begleite die 9-jährige Frieda auf ihrem beschwerlichen Heimweg von der Bushaltestelle durch den dunklen und verschneiten Wald. Plötzlich schreckt sie auf, denn da liegt etwas abseits des Weges – ein Mann mit einem roten Loch im Rücken…. Dann lerne ich Maya und ihren Kollegen Pär kennen, die von Stockholm als Verstärkung der Ermittlungen um einen scheinbar ermordeten und bekannten Umweltaktivisten von Stockholm nach Östersund geschickt werden. Die örtlichen Polizisten haben keinerlei Interesse an dem Fall und sind in ihrer Provinz-Lethargie gefangen und der Fall soll schnell als Jagdunfall zu den Akten gelegt werden. Maya und Pär sehen die Angelegenheit komplett anders und die Ermittlungen nehmen ihren Lauf. Maya ist jedoch nicht ganz bei der Sache, denn eine ihrer besten Freundinnen aus Kindertagen wurde von einem Kollegen aufs Schlimmste bedrängt. Sanna wirft diesen Vorfall völlig aus der Bahn und erinnert sie an Ereignisse aus ihren Jugendtage – von denen sie Maya noch nie erzählt hatte. Nach nur wenigen Sätzen nimmt mich die Handlung und vor allem die sympathisch gezeichneten Charaktere gefangen und ich folge ihnen mit knisternder Vorfreude – allen voran Maya. Sie verkörpert eine junge erfolgreiche Frau mitten aus dem Leben, die einfach nur sie selbst ist und diese Natürlichkeit war es, die mich von Anfang an auf ihre Seite zog. Sie war einfach so normal und ohne seelischen oder traumatischen Übergepäck – und alleine das macht sie schon zu etwas ganz besonderem. Die “Normalität” umfasste auch den väterlichen Partner und Kollegen Pär und zog sich weiter durch das restliche und nicht weniger interessante Protagonisten-Sortiment. Ehrlich gesagt, habe ich dem Frieden, Freude, Eierkuchen Leben nicht getraut und tatsächlich war immer mal wieder von einer Ingrid die Rede, jedoch war das immer nur ein kurzes aufblitzen und ist wohl ein kleines rotes Fädchen für die weiteren Bände dieser Trilogie. Der Mord um den Landesweitbekannten Umweltaktivisten zeigt schnell in die Richtung seiner Arbeit, denn seit Jahren kämpt er und seine Organisation gegen die Rodung der Wänder und gegen die Lobby der Holzindustrie. Die ersten Ermittlungen führen das Ermittlerduo hinter die hohen Mauern des Schweigens der örtlichen Holz-Mogule, aber auch in die Reihen seiner Organisation. Schnell entsteht ein spannendes Labyrinth mit ganz vielen verschiedenen Wegen – bis plötzlich eine weitere Leiche auftaucht. In dem Fall, aber auch mit dem Strang der Freundin Sanna hat die Autorin brisante und Themen mit aktuellen Bezug verwoben. Zum einen die Macht und Lobby der schwedischen Holzindustrie und die damit verbundenen Folgen und in dem Leben der besten Freundin Sanna die Übergriffe und Gewalt gegen Frauen. Mit dem Gefühl einer gelebten Erfahrung hat die Autorin Sannas Gefühle transportiert und mich an Ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben lassen. Das war sehr ergreifend und gleichzeitig finde ich es immer wieder zum Kotzen, dass es Männer gibt, die ein „Nein“ nicht akzeptieren und Frauen auf diese Art für ihr ganzes Leben zeichnen. Bei aller Brisanz dieser Themen stand jedoch immer noch ein spannender Krimi im Vordergrund und mit Mayas Entschlossenheit und gutem Bauchgefühl haben sich im weiteren Verlauf immer neue und ganz überraschende Spuren ergeben. Nach einem sehr spannenden Anfang hat sich die Spannung zunächst zum Aufwärmen in die hinterste Ecke der wunderschön beschriebenen Winterlandschaft verzogen, um dann aufgewärmt ab der Hälfte alles zu geben, was ein guter Krimi braucht. Geschickt lenkt mich die Autorin durch den Parcour der verschiedenen Fährten, um dann zu einem Ergebnis zu führen, das in jeder Hinsicht eine große Überraschung war. Ein Krimi, der mich mit der Normalität seiner Charaktere, seiner stillen Spannung und seinem wunderschönen Setting begeistert hat.
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