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Die Rückkehr der Kraniche I Romy Fölck

Matthias: Kennt ihr das Gefühl, dass man ein Buch für einen ganz besondere Gelegenheit aufspart? So ist es mir mit dem Roman von Romy Fölck ergangen. Wir haben uns in unserem großen Lesezimmer ein neues Kuschel-Lümmel-Lese-XXL-Sofa gekauft und zur “Einweihung” habe ich mir “Die Rückkehr der Kraniche” aufgespart. Da mich die Krimi-Reihe um Frida Paulsen schon mittlerweile 5 Bände lang so dermaßen begeistert, war ich sehr neugierig, ob mich Frau Flöck mich mit ihrem ersten Roman genauso begeistern kann und was sich hinter der  “Rückkehr der Kraniche” verbringt.

Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:

Ein altes Haus inmitten der Elbmarsch, die Kraft der Natur und drei Frauengenerationen, die nach Jahren dort wieder zusammenkommen.
Zwei Schwestern mit unterschiedlichen Lebensentwürfen treffen aufeinander, als die Mutter im Sterben liegt. Im alten Reetdachhaus in der Elbmarsch müssen sich die Hansen-Frauen ihrer Vergangenheit stellen, mit all ihren Geheimnissen und Fragen, und lernen, dass ein Ende immer auch ein Anfang sein kann. Nach langer Zeit begegnen sich die Schwestern Grete und Freya in ihrem Elternhaus wieder. Ihre Mutter Wilhelmine hat einen Schwächeanfall erlitten, Freya kommt sofort aus Berlin angereist. Sie will helfen, aber mehr noch ihrem eigenen Leben entfliehen. Ihr Freund hat sie verlassen, und damit die letzte Hoffnung auf die Gründung einer eigenen Familie. Grete ist ebenfalls Single, sie ist ihr Leben lang im kleinen Dorf an der Elbe geblieben, eine frühe Schwangerschaft machte ihre Träume von der weiten Welt zunichte. Sie kümmerte sich erst um ihre Tochter Anne, dann brauchte Wilhelmine mehr und mehr Unterstützung mit Haus und Hof. Gretes Zufluchtsort ist die Natur, der Garten, vor allem aber das Naturschutzgebiet an der Elbe, wo sie als Vogelwartin arbeitet. Als sich jetzt, kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag, eine unerwartete Chance zum Ausbrechen bietet, auf die sie schon lange gehofft hat, braucht sie einmal die Unterstützung ihrer Familie mehr denn je.

Meine Meinung:

Buch auf und es erfasst mich sofort eine wundervolle morgendliche Stimmung mit langsam lichtendem Nebel und der Hoffnung auf einen wunderschönen Herbsttag. Ich tauche ein in das Leben von Grete, die als Naturschützerin auf einer Insel in der Marsch arbeitet und gemeinsam mit ihrer Mutter Wilhelmine einen über Generationen weitervererbten Hof bewirtschaftet. Ihre jüngere Schwester Freya ist vor vielen Jahren und ohne große Erklärung nach Berlin gezogen und dort mit großer Karriere durchgestartet. Einen Schwächeanfall der Mutter ruft nicht nur Freya zurück auf den Hof, sondern auch Anna, die Tochter von Grete. Die Geschwister haben sich lange nicht mehr gesehen und nicht nur die Kilometer der Wohnorte haben sie entzweit, sondern es ist über all die Jahre vieles unausgesprochen geblieben. So ist es auch zwischen Grete und Ihrer Tochter. Am Krankenbett der Mutter versammeln sich nun 4 Frauen aus 3 Generation mit Geheimnissen und jeder Menge gesammeltem Leben. Heimelig beschreibt wohl am besten das Gefühl, das mich schon nach wenigen Zeilen erfasst und auch bis zum Ende nicht mehr losgelassen hat. In den kurzen und wechselnden Kapitel lerne ich jede der einzelnen Frauen besser kennen.Die Charaktere sind so liebevoll und fein gezeichnet, dass sie mir wie Hologramme vor dem geistigen Auge erschienen sind. Der klare und lebendige Schreibstil war von Beginn an wie eine sanft angeschlagene Klangschale, die in Wellen und  je nach Situation mir die Gefühle direkt ins Herz transportiert hat. Mit dem Gefühl einer gelebten Erfahrung hat Frau Fölck das Leben der Frauen vor mir ausgebreitet. Ihr inner Kampf nicht zu genügen, nicht genug Achtung und Liebe bekommen zu haben, die damit einhergehenden aufgebauten Zweifel und daraus erschaffenen Geheimnisse, Träume nicht ausgelebt zu haben, war in einer Intensität beschrieben, die mich emotional sehr angefasst hat. In der Entwicklung der Ereignisse haben sich dann die entfremdeten und doch vertrauten Seelen in kleinen Schritten und immer wieder auch durchzogen von Rückschritten auf ganz unterschiedliche Weise wieder angenähert. Wie ein Wasserzeichen ist auf jeder Seite das Thema “Heimat” spürbar. Damit meine ich nicht unbedingt das traumhaft beschriebene Fleckchen Erde, sondern das Gefühl, das in Erinnerung steckt, die im Alltag untergehen oder einfach längst verblasst sind. Heimat ist, wenn der Duft von frisch gebackenem Apfelkuchen und eine Birne aus dem Garten die Kraft haben, dieses Gefühl zu erwecken und gleichzeitig auch ein Seelenpflaster sind. Die Story durchweht immer ein Hauch von Melancholie, jedoch ohne traurig zu sein. Frau Fölck berührt mit diesem Buch, macht nachdenklich, gibt Kraft und Hoffnung, macht Mut, zeigt aber auch, dass ungesagte Worte Mauern bauen können, die nur schwer wieder einzureisen sind.Ohne Spannung kommt die Queen of Elbmarsch-Krimi auch in diesem Buch nicht aus, denn das eine oder andere Geheimnis der Frauen wurde fast bis zum Ende aufgehoben. In diesem Buch steckt nicht nur die Liebe zu Worten und wundervollen Beschreibungen, sondern auch die Liebe zur Natur rund um die Elbmarsch. Es war wirklich sehr beeindruckend und unbeschreiblich schön, welch traumhafte Bilder mit Frau Fölck gezeichnet hat. “Die Rückkehr der Kraniche” ist eine Familiengeschichte, die ohne Umwege direkt ins Herz geht. 

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Die Rückkehr der Kraniche

Autor*in: Romy Fölck
Seiten: 331
Veröffentlicht: August 2022
ISBN: 3805201028
Verlag: Wunderlich Verlag
Copyright: Wunderlich Verlag