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Wolfs Land I L. U. Ulder

Matthias: Matthias: Immer wieder durchziehen Sichtungen von Wölfe die Presse und ich bin immer ganz fasziniert, wie dieses Tier sich langsam wieder in unsere Wälder ausbreitet. Gerade vor wenigen Tagen hat bei uns, nur wenige Kilometer entfernt, eine Wildkamera klar und deutlich einen Wolf erfasst. Eine Entdeckung, die die Gemüter spaltet. Wie ich in den Neuheiten des Droemer Knaur Verlages  “Wolfs Land” von L.U. Ulder entdeckt hatte, bekam es in Verbindungen mit den aktuellen Nachrichten eine ganz besondere Anziehungskraft. Hier meine Rezension:

Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:

Im Spandauer Forst in Berlin wird die grausam zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden. DNA-Spuren belegen, dass sie Wölfen zum Opfer gefallen ist. Ein schrecklicher Unglücksfall, den Charlotte Schönfeldt, die Neue in der Berliner Mordkommission, rasch zu den Akten legen soll. Lotte ist das gerade recht. Sie ist nur deshalb zur Kripo gegangen, um den Tod ihrer Eltern aufzuklären, die in den Wirren der Wendezeit unter nie geklärten Umständen ums Leben gekommen sind. Doch Lotte fällt nicht nur durch riskante Alleingänge, sondern auch durch ihre Tics auf: Sie hat das Tourette-Syndrom. Als eine weitere Frau im Spandauer Forst verschwindet, wird Lotte immer tiefer in den Wolfs-Fall hineingezogen und gerät selbst in große Gefahr …

Meine Meinung:

Nach einem sehr knisternden und vielversprechenden Prolog habe ich mich sehr schwer getan, mich auf diesen Thriller einzulassen. Den Schreibstil empfand ich als völlig kraftlos und auch die Charaktere waren für mein Empfinden sehr dünn und eher langweilig gezeichnet und vor allem ging mir Lotte mit ihrer eigensinnigen Art einfach nur total auf die Nerven. Sie war entweder damit beschäftigt, sich die Hände blutig zu kratzen, oder hat in ihren privaten Angelegenheiten recherchiert und irgendwie drehte sich alles im Kreis. Als hätte der Autor meine Gedanken gelesen, haben sich am Lesehorizont die ersten feinen Verästelungen aufgetan und sowohl die Handlung wie auch die Protagonisten haben vor meinem geistigen Auge Form und Farbe angenommen. Vor allem der Einblick, was sich hinter Lottes Recherchen versteckt und dass die junge Polizistin an einer Form des Tourette-Syndrom leidet, hat den bisherigen Verlauf in ein ganz anderes Licht gestellt. Wie sich dann auch noch der Kollege Thomas für Lottes Leben interessiert hat, war das in Verbindung mit den geheimnisvollen Morden ein pulsierender Fluss, der mich einfach mitgerissen hat. In ständigem Wechsel verfolge ich somit die Ermittlungen der grausamen und bestialischen Wolfs Morde, aber lerne auch immer mehr von Lotte kennen, denn hinter der schroffen Fassade und geplagt von ihren Tics verbirgt sich ein äußerst sensibler und liebenswerter Charakter. Mit sehr viel Respekt und Sensibilität für das Tourette Syndrom beschreibt der Autor immer wieder ihre aufsteigende Wut und die damit verbundene Kraft, die sich unweigerlich an die Oberfläche drückt. Mehrfach habe ich mich dabei ertappt, wie sehr mich dieses Krankheitsbild ergriffen hat. Nie zuvor habe ich mir Gedanken gemacht, was diese Krankheit für die Menschen in ihrem Alltag bedeutet und welchen Spießrutenlauf damit für sie einhergeht.  Beim Lesen darf man jedoch keine Hemmungen vor Fäkalsprache haben, was natürlich mit der intensiven und authentischen Schilderung der Tics einhergeht. Schon sehr früh hat sich in mir ein Verdacht auf die Zusammenhänge und die Hintergründe der Morde geformt, doch es waren einfach sehr geschickt ausgelegte Fährten, die sich gut verpackt als raffiniert getarnten Finten erwiesen haben. Im Verlauf der Handlung und mit der hinzukommenden Sichtweise des Täters und dem sich auftuenden Sumpf der Stasi hat die ohnehin schon ansteigende Spannungskurve noch einmal einen zusätzlichen Boost bekommen. Das Ende war dann einfach der perfekte Schlusspunkt mit allem, was einen guten Thriller ausmacht.  Es hat sich wirklich gelohnt, die Lese-Flinte nicht ins Korn zu schmeißen, obwohl ich sehr nahe dran war, dieses Buch abzubrechen. Immer wieder ist mir die Frage aus dem Kinderspiel “Wer hat Angst vor dem bösen Wolf?” eingefallen – am Anfang hätte ich gegähnt und gesagt „niemand“, doch zum Ende hin, hätte ich ganz klar “ich” gerufen. Herr Ulder, bitte verzeihen Sie meine anfängliche Ungeduld und vielen Dank für diesen außergewöhnlichen Thriller. 

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Wolfs Land

Autor*in: L. U. Ulder
Seiten: 466
Veröffentlicht: November 2022
ISBN: 3426217325
Verlag: Droemer Taschenbuch
Copyright: Droemer Taschenbuch