Matthias: “Hinterland” von Nora Luttmer war im vergangen Jahr eines der Highlight im meinem Lesejahr. Ein perfekter Auftakt der Reihe mit der an der “Schlafkrankeit” leidenden Ex-Polizisten Bette vor den Toren Hamburgs. Nun war es endlich soweit und mit “Tiefergrund” ist endlich die Fortsetzung erschienen und die folgende Rückseite des Buches klingt mal wieder sehr vielversprechend spannend. Das Buch passt auch perfekt zu unseren selbst ausgerufenen “Strand Wochen”.

Der Klappentext:

Freiwillig ist Bette Hansen, 53, nicht ins idyllische Ochsenwerder zurückgekehrt. Die ehemalige Kommissarin wurde von ihrer Narkolepsie dazu gezwungen. Immer wieder wird sie von Schlafattacken heimgesucht. Ihren Beruf kann die sonst so toughe Frau nicht mehr ausüben. Als ein junges Mädchen verschwindet, reißen im Ort alte Wunden auf, denn es scheint eine Verbindung zu einem Mord im Jahr 1986 zu geben. Damals wurde ein Teenager getötet, eine Freundin von Bette – und das ausgerechnet im Tiefergrund, diesem düsteren Uferabschnitt an der Elbe, der ihnen als Kindern solche Angst eingeflößt hat. Fieberhaft ermittelt Bette unter der Hand. Kann die Vergangenheit heute immer noch Leben zerstören?

Meine Meinung:

Aufgeladen bis in die Seitenränder nimmt mich die Fortsetzung dieser Reihe in Empfang. Ich befinde mich im Jahr 1986. Bette hat gerade als Auszubildende bei der Polizei angefangen. Sie suchen ein vermisstes Mädchen. Für Bette ist es nicht nur ihr erster Einsatz, sondern die verschwundene und entführte Anna ist auch eine Freundin. Dann holt mich die Gegenwart ein und ich lerne Daniel kennen, der damals als zweites Opfer bei der Entführung entkommen ist – Yasmin, die gemeinsam mit ihrer Freundin abhauen will – Lara, die Freundin von Yasmin, die sehnsüchtig wartet, bis ihre große Liebe endlich zum verabredeten Treffpunkt kommt – und Bette, die Besuch von einer lange nicht mehr gesehenen Freundin Helen bekommt, deren Tochter seit Tagen verschwunden ist und Bette um Hilfe bittet. Was auf den ersten Blick sich sehr verwirrend anhört, ist von Anfang ein sehr guter und auch übersichtlicher Einstieg in das Leben der Protagonisten und die Zutaten eines von Beginn an spannenden Krimis. Die Autorin hat es nach nur wenigen Kapitel wieder geschafft, dass ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen konnte. Ich habe mich auf ein Wiedersehen mit der ehemaligen Kommissarin gefreut. Bette, die an Narkolepsie leidet und aufgrund dessen aus dem Berufsleben ausgeschieden ist, hat mich mit ihrer starken hanseatischen Persönlichkeit sofort wieder gefangen genommen. Durch ihre Freundschaft zu Helen, der Mutter der verschwundenen Yasmin und durch die Kontakte zu ihren alten Kollegen landet Bette wieder einmal mitten in den Ermittlungen, zum Leidwesen des Leiters der Mordkommission. Mit guter Hand hat Frau Luttmer die Nebencharaktere um die doch sehr einnehmende und starke Bette platziert. Mit gleichem Geschick und aller Sensibilität hat die Autorin die nicht alltägliche Schlafkrankheit perfekt in die Geschichte eingebaut. Natürlich, sorgt das plötzliche in den Tiefschlaf fallen auch immer wieder für durchaus komische Situation. Der Fall ist ein äußerst clever durchdachtes Konstrukt aus einem aktuellen Fall und einem Cold Case. Da Bette die Opfer bzw. die Angehörigen schon von Kindertagen her kennt, ist für sie der Fall sehr persönlich und bringt sie mehrfach in unangenehme Situationen und auch in einen Zwiespalt. Eigentlich war der Fall für mich schon zur Hälfte gelöst und glasklar, doch die Autorin hat nicht nur eine Wendung und eine Überraschung im Köcher, sondern ein ganzes Sortiment. Völlig gefesselt bin ich den einzelnen Perspektiven gefolgt und hatte jeder Zeit den perfekten Überblick über die Ermittlungen wie auch über Gedankenwelten jedes Einzelnen. Die Auflösung und die Verknüpfung der einzelnen Stränge war meisterhaft durchdacht und hat trotz der großen Verzweigung nicht krampfhaft konstruiert gewirkt – im Gegenteil. Zum Ende möchte ich nur eines sagen: Feuerwerk und große Emotionen. Ich habe in all den Beschreibungen die Liebe der Autorin zu Hamburg und seinem idyllischen Umland gespürt und hat in mir die Sehnsucht geweckt, wieder einmal das Tor zu Welt zu besuchen. Ich liebe diese Reihe und freue mich jetzt schon auf baldigen Nachschub. 5 von 5 Sterne️️️️