Matthias: Im vergangenen Jahr habe ich mit “Tief unter der Erde” mein erstes Buch von Christa von Bernuth gelesen und war völlig begeistert. Mit “Spur 33” ist nun ein neues Buch der Autorin erschienen und ich war neugierig, ob Frau von Bernuth es wieder schafft, mich bis an die Seitenränder zu begeistern. Der Klappentext ist schon mal ein Produktversprechen, das meine Neugierde in pure Vorfreude auf spannende Lesestunden verwandelt hat.
Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:
Ein Mordfall. Drei Tote. Eine unfassbare Wahrheit.
Ein grausames Verbrechen erschüttert die Stadt am See: Die angesehene Familie Rheinfeld wird nachts in ihrem Haus regelrecht hingerichtet. Der Verdacht fällt auf den heranwachsenden Sohn Leon, der erst seine Eltern und dann sich selbst getötet haben soll. Er war psychisch krank und – zur Verzweiflung seiner machtlosen Eltern – fasziniert von Waffen. Doch dann stellt sich heraus, dass Leons enger Freund Ben in den Fall verstrickt zu sein scheint: die ermittelnden Polizisten entdecken auf seinem Handy ein Video der drei Leichen. Stimmt seine Aussage, dass er einen Amoklauf verhindern wollte, den Leon geplant hatte? Oder handelt es sich gar um einen Auftragsmord? Je tiefer die Ermittler graben, desto unglaublichere Erkenntnisse bringen sie ans Licht. Bis sie auf Spur 33 stoßen…
Meine Meinung:
Steffi erreicht ihre Familie nicht. Nur die Mailbox. Weder ihre Mam, noch ihr Stiefvater Markus. Selbst ihr 21-jähriger Bruder Leon, der sein Handy quasi nie aus den Händen legt, geht nicht an sein Telefon. Am nächsten Tag das Gleiche. Steffi beschleicht ein komisches und immer stärker werdendes Gefühl. Als sich dann die beste Freundin ihrer Mutter sich bei ihr meldet, dass ihre Mutter nicht zum vereinbartes Frühstück erschienen ist, gibt es kein Halten mehr und sie fährt mit ihrem Mann Jo zum Haus ihrer Familie. Nachdem sie hinter der Eingangstür den blutüberströmten Familienhund vorfindet, werden ihre düsteren Gedanken Gewissheit. Hier stimmt etwas nicht. Sie rufen die Polizei, die eine grausame Ahnung zur Gewissheit macht. Alle drei Bewohner wurden brutal erschossen – regelrecht hingerichtet. Leon, der Waffennarr, hat die Waffe noch in der Hand und scheint Verursacher dieses Blutbads und hat zum Schluss die Waffe wohl selbst gegen sich gerichtet. Ein erweiteder Suizid. Allen scheint das klar, nur Kommissar Stettner hat seine Zweifel. Geschockt durch die Ereignisse und gefesselt von dem atmosphärisch aufgeladenen Schreibstil, tauchte ich in die Geschichte ein. Das Buch springt in der Chronologie der Ereignisse auf zwei Ebenen. Zum einen als Countdown bis 6 Wochen vor den schrecklichen Ereignissen und dann beginnend nach dem Auffinden der getöteten Familie. Alle Charaktere sind mit einer sehr düsteren und wolkenverhangenen Aura gezeichnet und strahlen eine Melancholie aus, die mich schon nach wenigen Zeilen gefangen genommen hat. Besonders hat mich die Geschichte von Leon bewegt. Leon ist schwierig und hat seinen Eltern schon immer Probleme bereitet. Er fühlte sich als Freak und sieht sein Leben als täglichen Kampf. In seiner Faszination für Waffen möchte er die Welt mit einem großen Auftritt und einem Amoklauf in einem Einkaufszentrum verlassen. Doch am Ende kam es ganz anders. Seine Mutter, die Familientherapeutin ist, konnte anderen Familien mit ihren Problemen helfen, doch an ihrem Sohn scheint sie gescheitert zu sein. Oder wollte Sie die Wahrheit hinter dem eigenen Sohn einfach nicht sehen? Mit solchen und vielen anderen Fragen werden die zunächst dünnen Fäden der einzelnen Leben zu einem größeren Tau eingesponnen und ein Spannungsnetz aufgebaut, das mich mit seiner Dimension völlig gefangen genommen hat. Die Ermittlungen zu dem Fall der getöteten Familie wurden von zwei Polizisten geführt, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Der Fall schien eine klare Sache, doch die beiden wurden immer wieder von Zweifel heimgesucht und haben sich regelrecht darin verbissen. Die Autorin zeigt damit nicht nur die klassischen Ermittlungsarbeiten, sondern gibt in dem Krimi einen eindrucksvollen Einblick hinter die Mauern der Uniform und wie Ermittlungen und die Tat das Leben der beiden verändert hat. Ich wusste bis zu diesem Buch nicht, wie fesselnd und spannend ein Buch sein kann, in dem schon zur Hälfte alle Karten auf dem Tisch lagen. Oder habe ich mich getäuscht und am Ende kam noch der große Hammer? Das Sortiment dieses unglaublich wortreichen Krimis reicht von Autismus, Depressionen bis hin zu Wahnvorstellungen, Hilflosigkeit, bedingungsloser Mutterliebe und Freundschaft. Es ist ein fesselndes Familiendrama, das mich fasziniert, begeistert und erschrocken hat und mich nebenbei immer wieder an moralische Weggabelungen geführt hat. Die Frage, was der Titel “Spur 33” auf sich hat ist ein wirklich gut ausgetüfteltes und raffiniert geschaffenes Gehemnis, dass sich wirklich erst auf den letzten Seiten lüftet und das berühmte Tüpfelchen auf dem sehr spannenden I ist. 5 von 5 Sterne.
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