Matthias: Bei unserem wöchentlichen Besuch in der Buchhandlung hat dieses einfache, aber dennoch sehr auffällige Cover von “How to kill your family” meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ein kurzer Blick auf die Rückseite und nach 2,3 Seiten Reinschmökern wollte ich unbedingt wissen, wie und vor allem warum Grace ihre Familie töten möchte. Hier der Klappentext dieses Buches.

Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:

Grace ist eine Serienmörderin und sie mordet aus gutem Grund. Grace rächt sich bei ihrer Familie. Dafür dass sie beiseitegeschoben wurde, weil sie unehelich ist. Dafür dass sie nicht reingepasst hat in die feine, reiche Familie ihres Vaters. Aber noch mehr rächt Grace ihre Mutter, die es nie verkraftet hat, zuerst mit allen Mitteln verführt und dann schäbig vergessen worden zu sein.

Meine Meinung:

In einem schon sehr kraftvollen und wortreichen Prolog lande ich hinter den Mauern eines Frauengefängnisses und lerne eine zunächst namenlose junge Frau kennen, die vor 14 Monaten inhaftiert wurde, und  auf das Urteil Ihrer Berufung wartet. Das verrückte dabei ist, dass sie für einen Mord im Gefängnis sitzt, den sie gar nicht begangen hat, aber dafür sechs andere Morde begangen hat von denen keiner je entdeckt wurde. Aus Langeweile und für die Nachwelt schreibt sie ihre Geschichte auf und ich bin sehr gespannt, was sie zu berichten hat… Von Beginn an war meine Sympathie für Grace ein ständig schwingendes Pendel, das einfach keine klare Richtung bekommen wollte. Auf der einen Seite war sie eine starke Frau, genau so wie ich es mag, auf der anderen Seite auch eine vernarbte Kinderseele auf dem Rachefeldzug, die nicht erwachsen werden konnte oder wollte. Sie war sehr hart und egoistisch gezeichnet, aber was erwartet man von jemandem, der die Absicht hat, seine Familie zu töten? Grace hat sich mit Ihrer Geschichte direkt an mich gewandt und so von Beginn an eine Vertraulichkeit geschaffen, die sehr angenehm war. Der sehr wortgewandte, zynische und auch sarkastische Erzähl – und Schreibstil war genau nach meinem Geschmack und hat mich mehrfach zum Lachen gebracht. Scharfzüngig erzählt Grace, wie es dazu kam, dass sie die Absicht geformt hat, ihre Familie zu töten. Ihr Schicksal hat mich durchaus beweget und so konnte ich ihre Gedankengänge durchaus nachvollziehen (also bitte nicht falsch verstehen – einen Mord finde ich nicht gut oder gerechfertigt.) Die Ausarbeitung ihrer Pläne, mit der Sie die “Zielpersonen” ausgespäht hat und zu welchen Raffinessen sie gegriffen hat, das war schon aus der Schublade für “Fortgeschrittene” . Wie eine Schlange im Gebüsch hat sie sich angepirscht und dann im richtigen Augenblick zugeschlagen. Zwischen den einzelnen Taten wurden jeweils gute Rücksprünge eingebaut, in denen ich erfahren habe, wie sie ins Gefängnis kam und auch was hinter dem  Mord steckt, der schlussendlich zu Ihrer Inhaftierung geführt hat. Die von Beginn aufgebaute Grundspannung sowie ein gewisser Nervenkitzel waren nahezu ununterbrochen spürbar und haben immer wieder für einen Hauch von Gänsehaut gesorgt. Nach etwas mehr als der Hälfte und kurz vor dem vierten oder fünften Mord hat das Buch leider Längen bekommen. Immer wieder hat sich Grace in zu langatmigen Ausschweifungen verfangen und nur mit großer Mühe wieder zurück gefunden. Wäre ich ihr tatsächlich gegenüber gesessen, dann hätte ich sie geschüttelt. Es war zwar immer noch der sehr vertraute und humor durchzogene  Plauderton, jedoch einfach mindestens eine Umdrehung zu viel des Guten. Die Planung für das nächste Opfer und wie sie es eliminieren wird, hat meinen Fokus jedoch immer wieder gebündelt und mich zum Weiterlesen angetrieben, aber dennoch hat dann auch irgendwie seinen Reiz verloren. Es hätte dem Buch sehr gut getan, wenn die Familie etwas kleiner gewesen wäre. Mehrfach habe ich mich gefragt, wie dieses Buch wohl ausgehen wird. Werden ihre Pläne und Träume sich erfüllen? Das Ende war dann wirklich ein Paukenschlag und eine Überraschung, mit der ich niemals gerechnet hätte, jedoch hat es mich nicht über die Längen hinweg getröstet. 4 von 5 Sterne