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Grund I Sylvia Wage

Matthias: Gebundene Bücher ziehen mich wie fremdgesteuert an und so war es auch bei dem Buch von Sylvia Wage „Grund“, dass ich eines schönen Samstages beim Besuch in der Buchhandlung entdeckt habe. Das doch recht düstere, aber schön gestaltete Cover gepaart mit dem Text auf der Rückseite hat mich dann dazu bewogen, dass Buch mit 176 Seiten für „Zwischendurch“ zu kaufen. Ich war überrascht, dass es mit „Roman“ deklariert ist, denn der folgende Klappentext klang eher nach Thriller.

Der Klappentext:

Ein tiefer Brunnen im Keller des Elternhauses. Ein Brunnen, den die Erzählfigur dieser Geschichte, wie sie behauptet, im Alter von elf Jahren selbst gegraben hat. Ein Brunnen, in den sie als Teenager den Vater hinabstieß und jahrzehntelang gefangen hielt. Im Plauderton, mit Lakonie und Leichtigkeit wird diese Familiengeschichte erzählt, parallel zu den Geschehnissen im Haus. Vom herrschsüchtigen Vater, vom Trinken der Mutter, den Lebenswegen der Schwestern und dem eigenen. Aber können wir dem Erzählten überhaupt Glauben schenken?

Meine Meinung:

Das Buch beginnt in einem Haus auf einem Hügel am Rande einer nichtssagenden Kleinstadt an einem Brunnen, in dem der Vater Tod auf Boden eines Brunnens lag. Düster, jedoch mehr schon beklemmend bin ich der Geschichte, die aus der Ich-Perspektive des Kindes geschrieben ist gefolgt. In sehr langen und oftmals für mich scheinbar nicht enden wollenden Sätzen nimmt mich die Autorin mich mit in die Psyche des Kindes und in die Geschichte der Familie. Das Kind ruft nach dem Fund des Vaters seine beiden Schwestern an, die dann zu ihm eilen und tauchen gemeinsam mit ihm in die Vergangenheit ein. Sie beschließen gemeinsam die Küche zu renovieren und überlegen dabei, was sie mit dem Vater machen, der auf dem Grund in einem Brunnen im Haus auf einem Hügel am Rande einer nichtssagenden Kleinstadt liegt. Sofort sind in mir die Fragen aufgeploppt: Wie kam der Vater dahin – und was hat das Kind damit zu tun? Beklemmend und sehr fesselnd wechselt das Buch immer wieder in den Zeiten und öffnet langsam seinen Vorhang, sodass ich ohne Mühe und mit viel Entsetzen auf den Grund sehen konnte. Oder ist alles eine Lüge und ganz anders geschehen? Frau Wage streut ganz geschickt immer und immer wieder Zweifel ein und lässt mich bisher eigentlich ganz klare Dinge wieder infrage stellen. Leider war es für mich an der einen oder anderen Stelle dann doch etwas zu viel Verwirrung, dass es mir manchmal fast unmöglich gemacht hat, dem klaren Plan hinter der Story zu folgen. Was ich sehr seltsam fand, war das das Kind, aus dessen Sichtweise die Geschichte geschildert wurde, keinen Namen hatte. Immer wieder habe ich zumindest nach Ansätzen gesucht, ob es sich um ein Junge oder ein Mädchen handelt. Diese „Lücke“ hatte auf der einen Seiten einen ganz besonderen Reiz, aber nach dem Ende des Buches hat es mich auch gestört, – das ich auf diese Frage keine Antwort bekommen habe. Hat es der Geschichte geschadet? Ja und nein. Ja, denn hätte ich es gewusst, wäre es mir an der einen oder anderen Stelle leichter Gefallen tiefer in die Psyche desjenigen einzutauchen und nein, da dadurch auch eine gewisse Grundspannung am Laufen gehalten wurde. Das Buch war für mich auf 176 Seiten ein unvergessliches Wechselbad aus Faszination, Beklemmung Zweifel und Verwirrung und dennoch ein gelungenes Debüt der Autorin. 4 von 5 Sterne.

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Grund

Autor*in: Sylvia Wage
Seiten: 174
Veröffentlicht: August 2021
ISBN: 3847900935
Verlag: Eichborn Verlag
Copyright: Eichborn Verlag