Matthias: Früher war ich ein glühender Fan der Bücher von John Grisham. “Die Akte” und “Der Anwalt” habe ich regelrecht verschlungen. Irgendwie ist dann mein Interesse amerikanischen Anwalts – und Justizthriller total im Sande verlaufen und erst im vergangenen Jahr durch “Thirteen” von Steve Cavanagh wieder neu erwacht. Mir war gar nicht bewusst, dass “Thirteen” bereits der 4. Teil der Reihe um den Anwalt Eddie Flynn ist und ich habe ihn an nur einem Sonntag inhaliert. Nun ist mit “Fifty Fifty” ein weiterer Teil erschienen und ich war gespannt, ob mich die Fortsetzung in gleichem Maße begeistern kann. Hier meine Rezension.
Der Klappentext / Die Rückseite des Buches:
Frank Avellino wurde mit äußerster Brutalität in seinem eigenen Schlafzimmer erstochen, der Täter muss in einem wahren Blutrausch gehandelt haben. Besser gesagt: die Täterin. Denn Franks Töchter Alexandra und Sofia beschuldigen sich gegenseitig der Tat. Die eine ist eine sadistische Mörderin, die andere unschuldig. Aber welche? Sowohl Eddie Flynn, der Sofia vor Gericht verteidigt, als auch Alexandras junge Anwältin Kate Brooks befürchten, dass die Wahrheit im Trubel um diesen spektakulären Fall untergeht. Denn der Ermordete war nicht nur ehemaliger Bürgermeister von New York, es gibt auch ein Millionenerbe zu verteilen. Und Eddie Flynns Chancen, die richtige Schwester vor dem Gefängnis zu bewahren, stehen fifty-fifty
Meine Meinung:
Ein Notruf erreicht die Zentrale der Polizei und eine verzweifelte junge Frau bittet um Hilfe. Sie hat ihren Vater blutüberströmt im Bett gefunden. Sie hat Angst, denn sie glaubt, dass der Täter noch im Haus ist. Es ist ihre Schwester Sofia. Nur wenige Minuten später ein ähnlicher Anruf. Eine junge Frau, die verzweifelt die Frau am Notruf um Hilfe bittet, da sie ihren Vater tot und blutüberströmt gefunden hat. Sie hat sich aus Angst im Badezimmer eingeschlossen, denn sie glaubt, dass der Täter noch im Haus ist. Es ist ihre Schwester Alexandra. Schon nach wenigen Seiten treibt der Autor meine Nackenhaare zum Appell. Ich bin gebannt von der Idee der Story und schockiert von der von Beginn an pulsierenden Handlung. In kurzen kraftvollen Sätzen werde ich wieder einmal ins Zentrum der Geschichte gezogen und fühle mich als Beobachter an der Seite des Anwalt Eddi Flynn. Schon in “Thirteen” hat der Anwalt bei mir die volle Punktzahl an Sympathie abgeräumt. Ich mag seine ruhige, unaufgeregte Art und sein Gefühl für seine Mandanten und seinen Blick auf das amerikanische Rechtssystem. Er ist aufgrund seiner Vergangenheit als Trickbetrüger nicht einer dieser geleckten Anwalts-Typen, wie man sie massenweise aus den verschiedensten amerikanischen Anwaltsserien kennt. Mit der Dankbarkeit und der Demut, dass er es aus dem Sumpf seiner Vergangenheit geschafft hat, kämpft er für das Recht seines Mandanten. Mit der gleichen Sympathie und Wärme sind auch Harper, die ehemalige FBI Agentin Harper und der Richter Harry Ford gezeichnet, die dem Anwalt in seinen Fällen sehr eng zur Seite stehen. Im Vertrauen in Eddi und aus meinem Bauchgefühl heraus bin ich sofort der Meinung, dass seine Mandantin Sofie die Unschuldige der beiden Schwestern ist. Eddi vertritt nur Mandanten, bei denen er sich sicher ist, dass sie unschuldig sind, denn er ist nicht wie viele seiner Kollegen, die mit juristischen Taschenspielertricks die Schuldigen davor bewahren, dass sie ihrer gerechten Strafe entgehen. Durch die unterschiedlichsten Erkenntnisse hat der Autor geschickt mit meinem Bauchgefühl gespielt und ich kam wie Eddie immer wieder ins Wanken, bevor im nächsten Kapitel durch weitere Spuren, mein Gefühl, dass Sofie unschuldig ist, wieder fest im Sattel saß. In dem ständigen Wechsel der Sichtweise zwischen Eddie und der Anwältin Kate, die Alexandra vertritt, verfolge ich gespannt die Vorgehensweise beider Parteien. Dieses schon ohnehin emotional aufgeladene Wechselspiel wird in regelmäßigen Abständen durch die Sichtweise “Sie” unterbrochen und ich tauche in die grausame Gedankenwelt der Täterin ein. Es war ein Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele und hat mich immer wieder schockiert und erschüttert. “Sie” erzählt aus ihrer Kindheit und wie sie sich zu dem entwickelt hat, was sie heute ist: ein grausame und brutale Mörderin, die ihre Schwester hasst. Diese Sichtweise bringt die Spannung immer wieder an den Endpunkt und stellt in Verbindung mit den anderen Strängen meine Nerven vor eine echte Zerreißprobe. Unablässig fliegen meine Gedanken nach der wahren Identität des Täters hin und her und ich suche in und zwischen den Zeilen nach Hinweisen, welche der beiden Schwestern hinter all dem steckt. Hat Eddi sich mit seiner Menschenkenntnis getäuscht und verteidigt er am Ende die Mörderin – oder war es am Ende keiner von beiden? Ein bis zur Perfektion ausgereiztes Wechselspiel gepaart mit großen emotionalen Momenten und eine unglaublichen Ende ist der Stoff, der dieses Buch wieder zu einem unglaublichen Leseerlebnis macht. Ein wirklicher Wahnsinn und ich freue mich jetzt schon sehr auf die Fortsetzung.
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