Matthias: Im vergangenen Jahr war “Die Nanny” von Gilly Macmillan ein Highlight in meinem Lesejahr. Nun habe ich mich sehr auf das neueste Werk gefreut und der folgende Klappentext von “Die Vertraute” hörte sich wieder nach atmosphärisch aufgeladenen Lesestunden an:
Der Klappentext:
Lucy war neun Jahre alt, als ihr kleiner Bruder verschwand. Lucy war die einzige Zeugin und ihre Aussage der einzige Anhaltspunkt für die erfolglosen Ermittlungen. Doch ob ihre Erinnerungen an die Nacht wahr sind, weiß Lucy selbst nicht – seit ihrer frühen Kindheit hat sie eine blühende Fantasie, die sie manchmal die Grenzen der Realität überschreiten lässt. Drei Jahrzehnte später hat Lucy es geschafft, aus dieser Eigenschaft Kapital zu schlagen – sie ist eine gefeierte Bestsellerautorin und lebt mit ihrem Mann Dan in Bristol im Süden Englands. Doch als der sie mit dem Kauf eines alten, imposanten Hauses überrascht, beginnt für Lucy ein Albtraum. Das Haus steht ausgerechnet auf der anderen Seite des Waldes, in dem damals ihr Bruder verschwand. Lucy kann sich den Erinnerungen, die geweckt werden, nicht entziehen. Dann verschwindet Dan spurlos, Lucy ist die Hauptverdächtige, und sie muss sich fragen, zu was sie wirklich fähig ist – und was damals im Wald geschah.
Meine Meinung:
Ich bin schon lange nicht mehr so holprig in ein Buch gekommen. Im Nachhinein kann ich nicht mehr sagen, ob es an der Geschichte lag oder an dem Schreibstil oder an einem Mix aus beidem. Ich lerne die erfolgreiche Krimischriftstellerin Lucy kennen. Schon seit Jahren gehört Sie mit ihrer “Eliza-Krimi-Reihe” zu den erfolgreichsten Autorinnen. Eliza ist nicht nur die Hauptperson in den Büchern, sondern auch eine imaginäre Freundin aus Kindertagen die sie noch heute begleitet. Als Sie 9 Jahre war, ist sie nachts mit Ihrem Bruder zur Feier der Sommersonnenwende in den Wald. Ihre Neugierde siegte über die Pflicht, auf ihren 4-jährigen Bruder aufzupassen, der nach der Nacht spurlos verschwunden ist. Heute noch 30 Jahre später, ist das Rätsel um den kleinen Terry immer noch nicht gelöst. Was geschah in jener Nacht? Wo ist Terry? Lucy kann oder will die Wahrheit nicht sagen. Hat Sie ein Trauma oder oder ist Sie gar die Täterin? Die damit einhergehenden Fragen werden von neuen Ereignissen im Leben der Schriftstellerin überschattet. Dan, ihr Ehemann, der Lucys Vermögen verwaltet, kauft für das Ehepaar ein Haus, dass nur wenige Meter von dem Ort steht, wo damals ihr kleiner Bruder verschwand. Zufall? Unwissenheit? Absicht? In einer Nacht verschwindet auch Dan spurlos und wie bei ihrem Bruder gerät Lucy in den Fokus der Ermittlungen. Die Atmosphäre ist in diesem Buch von Beginn an nahezu erdrückend und sehr geheimnisvoll. Am Anfang an konnte ich die Charaktere Lucy nur sehr schwer greifen und habe erst im Laufe des Buches einen richtigen Bezug bekommen. Gerade durch die Zwiegespräche mit der imaginären Freundin war ich mir ständig unsicher, was Wahrheit und was Fiktion ist. Die Geschichte wird im Löwenanteil aus der Sicht der erwachsenen Schriftstellerin geschrieben, jedoch werden in guten Abständen auch die Geschehnisse der kleinen Lucy eingebunden, nachdem ihr Bruder verschwand. Diese Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart haben bei mir ihre Wirkung nicht verfehlt und mich immer wieder ins Grübeln und ins Zweifeln gebracht. Eigentlich war für mich zur Mitte des Buches klar, wo die Reise dieser Geschichte hingeht. An der Stelle müsste ich mich eigentlich bei der Autorin entschuldigen, denn was danach kam, war mit fantastisch spitzer, psychologisch wertvoller Nadel gestrickt und hat mich völlig in den Bann gezogen. Die Story wurde komplexer, aber jede weitere Entdeckung durch Lucy oder auch durch die Ermittlungen war der Nährboden für eine unglaubliche Atmosphäre. Lucy ist mir mit der Zeit immer mehr ans Herz gewachsen und ich habe mit ihr gelitten und gehofft, dass sie unschuldig ist und irgendwie alles gut wird und habe mich unter Hochspannung dem Ende entgegen gelesen. Leider hat das Ende meine Begeisterung getrübt. Die Story war so facettenreich und so psychologisch fein angelegt und zum Schluss wurde es nicht über die Ziellinie gebracht. Zack – Auflösung – Spannung verpufft. Ich bin in meiner Bewertung etwas hin und her gerissen, denn Begeisterung und Enttäuschung sind nahezu ausgeglichen – wobei die Enttäuschung sich ausschließlich auf das Ende bezieht. 4 von 5 Sterne
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