Matthias: Unbezahlte Werbung: Matthias: “Und noch ein Senioren-Cosy-Krimi..” waren meine ersten Gedanken, als ich “Die Langeweile stirbt zuletzt” von Julia Bruns entdeckt habe. Doch die Leseprobe und der Blick hinter die gerüschten Gardinen der Seniorenresidenz hat schnell gezeigt, dass ich Helmut und seine Frau Margot unbedingt auf den Seiten dieses Buches besuchen muss.
Der Klappentext I Die Rückseite des Buches:
Das Leben im Seniorenheim ist langweilig. Helmut wusste das vorher, aber seine Frau Margot schwört im Alter auf drei geregelte Mahlzeiten, einen Wäscheservice und einen Fitnessraum. Seinen Einwand, dass eine JVA die gleichen Vorzüge bietet, überhört sie großzügig. Nun teilt sich Helmut mit Gerhard eine Flasche Bier, sucht in Séancen Kontakt zu verstorbenen Haustieren und berät Hannelore bei der Vorbereitung ihres Begräbnisses. Bis zu dem Tag, an dem Küchenhilfe Selma mit einer Fleischgabel in der Nase tot aufgefunden wird. Endlich kommt Leben in die Bude und Helmut läuft zu Hochform auf.
Meine Meinung:
Helmut ist mehr oder weniger seiner Frau zu liebe in eine Seniorenresidenz gezogen. Der 70-jährige ehemalige Kriminalkommissar a.D. kann seiner Frau Margot einfach keinen Wunsch abschlagen. So sitzt er nun mit geregelter Sitzordnung zur Nahrungsaufnahme an einem Vierertisch, an dem nur der Totenschein die Platzwahl neu mischt. Seine Frau genießt in vollen Zügen alle Zusatzprogramme, die der Wartesaal zum lieben Gott hergibt. Schnell hat sie in Hannelore eine neue Freundin gefunden, die mit ihr all die Vorzüge teilt. Helmut ist mit der Situation von seinem 21m² großen und neuen Refugium nicht so ganz glücklich. Sein einziger Lichtblick in der Seniorenaufbewahrungsanstalt ist die bunt tätowierte Küchenhilfe Selma. Doch eines Nachmittags, als Jutta gerade Kontakt mit den toten Seelen der verstorbenen Haustiere der Bewohner aufnimmt, wird die junge Küchenhilfe Selma tot aufgefunden. Als Kriminalkommissar a.D. wird Helmut zu Rate gezogen und für ihn gibt es nur eine Möglichkeit es war Mord. In Helmut kribbelt das alte Jagdfieber und so beginnt er mit einer Wahrsagerin und der Rechtsmedizinerin Frau Dr. Böttcher mit Ausfallerscheinung den Fall zu lösen. Schon nach wenigen Seiten war ich völlig begeistert und ich hatte Angst, das Buch in einem Rutsch zu lesen und das ich danach das breite Grinsen nie wieder aus dem Gesicht bekommen werde. Mit wundervoller und bildgewaltiger Sprache saugt mich Frau Bruns regelrecht in das Leben der Seniorenresidenz und lässt mich so, wie ein stiller Beteiligter diesem wundervollen und liebevollen Spektakel beiwohnen. Mit guten Augen für die Besonderheiten der Menschen im Allgemeinen und von Senioren im Besonderen stellt sie die Bewohner langsam vor, so dass ich sie glasklar vor Augen hatte. Ein wirklich sehr gut zusammengestelltes menschliches Potpourri mit allem, was man sich als Klischee in einer vornehmen Seniorenresidenz vorstellen kann. Das alles verpackt in einer Wortakrobatik und stellenweise triefend vor Sarkasmus, jedoch zu jeder Zeit mit dem notwendigen Respekt und Liebe den alten Leutchen gegenüber. Unter dem Brennglas von Frau Bruns entwickelt sich so ein wirklich ausgesprochen unterhaltsamer, auch äußerst spannender Krimi. Immer wieder dachte ich, dass die Handlung eigentlich schräger gar nicht mehr werden kann, doch die Autorin schafft es immer wieder, dem Ganzen noch einen drauf zu setzen. Es gab mehrere Stellen, wo ich das Buch zur Seite legen musste und mich vor lauter Lachen gar nicht mehr einkriegen konnte. Bei den Ermittlungen stellen die Tücken des Alters Helmut und seiner Koregatabs-Clique ein Bein, aber auch das auch in einer liebenswerten und äußerst amüsierten Art. Mit der Neugierde und der übersinnlichen Ader von Jutta und durch die Erfahrung von Frau Dr. Böttcher sowie natürlich die von Helmut wurde der Fall Stück für Stück der Lösung entgegengetrieben. Die Story hat durchgehend zum Rätseln eingeladen und hat die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite gehalten. Zum Ende hin hat sich die Geschichte jedoch für meinen Geschmack etwas zu sehr verästelt und um ein Haar wäre ich fast im Konjunktiv-Dschungel aus hätte, könnte und möglicherweise so gewesen sein, etwas verloren gegangen. Zum Glück hat die Autorin mich dann wieder in die Spur gebracht und die Verknüpfungen des Falls altersgerecht und barrierefrei entknotet, jedoch kam für das ganze Hin und Her die Auflösung etwas zu abrupt. Mit diesem Senioren-Krimi hat die Autorin sicher das Rad nicht neu erfunden und ich habe Bücher in dieser oder ähnlicher Art schon mehrfach gelesen. Das besondere bei diesem Buch ist jedoch, die sprachliche Vielfalt in Verbindung mit dem liebevollen Humor und dem Sprachwitz, der es zum einem Kopfkino-Erlebnis vom Feinsten macht. 4,5 von 5 Sterne
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